
12.06.2013
Unter Beobachtung: Reformen des Verfassungsschutzes
Zu meinem vierten Politischen Salon im Diözesanmuseum auf dem Freisinger Domberg hatte ich den Präsidenten des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutzes zu Gast.
Ein moderner und leistungsfähiger Verfassungsschutz ist für unsere Gesellschaft und unseren demokratischen Rechtsstaat unverzichtbar. Wo Freiheitsrechte missbraucht werden, um die zentralen Errungenschaften unserer freiheitlichen Demokratie – wie die Achtung der Menschenwürde, politische Freiheit und rechtsstaatliche Prinzipien – zu untergraben, muss der Staat entschlossen einschreiten.
Die leidvollen Erfahrungen mit dem Ende der Weimarer Republik haben uns gelehrt, dass solche Gefahren frühzeitig erkannt werden müssen, um sie im Sinne einer wehrhaften Demokratie bekämpfen zu können.
Gefahren drohen durch Extremisten von Rechts und von Links, durch den islamistischen Extremismus, insbesondere den internationalen islamistischen Terrorismus, aber auch durch Scientology, durch Spionage sowie Wirtschaftsspionage, oder durch die Organisierte Kriminalität.
Verfassungsschutz ist zunächst die Aufgabe engagierter Bürgerinnen und Bürger:Grundvoraussetzung ist der Konsens der Menschen einer Gesellschaft und eines Staates, auf der Basis der Grundordnung des Grundgesetzes leben zu wollen. Dieses Plebiszit eines jeden Tages ist zentrale Voraussetzung für unser Gemeinwesen, wie es nach dem Grundgesetz und der Bayerischen Verfassung organisiert ist.
Dazu gehört aber auch, dass der Staat selbst so aufgestellt ist, dass er selbst Bedrohungen dieser Ordnung erkennen kann, dass er Ideen und Strömungen entdeckt, bevor sie sich in Bewegungen manifestieren oder verfestigen können. Dafür braucht es die Ämter für Verfassungsschutz.
Dies gilt auch und gerade in einer Zeit, in der Gesellschaft und Politik grundsätzlich über die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder diskutieren, weil es – neben einigen Erfolgen, auf die der Verfassungsschutz natürlich verweisen kann – nicht gelungen ist, die rechtsextremistische Motivation der Gewalttäter des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) frühzeitig zu erkennen und dadurch die Mordserie zu stoppen.
Die Fragen in diesem Zusammenhang werden in diesen Monaten häufig gestellt und liegen auch auf der Hand: Wie konnte sich eine kleine Gruppe von Verbrechern unerkannt unter uns mischen und aus der Deckung heraus zehn Morde begehen, ohne dass es hierfür Anzeichen gab, die man hätte erkennen können? Oder: Hat man sie ggf. sogar erkannt und hat die Organisation des Verfassungsschutzes, wie wir sie kennen, dazu beigetragen, dass diese Erkenntnisse nicht an die Polizei und Staatsanwaltschaften, die ja akribisch ermittelt haben, weitergegeben werden konnten? Welchen Zweck haben V-Leute?
Einigkeit besteht darüber, dass die Strukturen der Verfassungsschutzbehörden reformiert werden müssen. Die Reformen wurden auch bereits auf den Weg gebracht.
Dr. Körner referierte insbesondere über diese Reformen, also beispielsweise über die Stärkung der Zentralstellenfunktion desBfV, dieFokussierung des Einsatzes nachrichtendienstlichervMittel auf gewaltbereitevBestrebungen, dieQualitätssicherung beim Einsatz vonV-Personen (VP), dieErrichtung einer bundesweiten VP- Dateibeim BfV oder dieVerbesserung des Informationsaustausches im Verbund und mit anderen Sicherheitsbehörden.
Im Anschluß an den aufschlussreichen Vortrag ergab sich eine engagierte Diskussion mit den ca. 80 Gästen des Politischen Salons.