
24.03.2017
"Die Verzauberung der Welt" - Politischer Salon mit Professor Jörg Lauster
„Die Verzauberung der Welt – was bedeutet die Geschichte
des christlichen Abendlandes für uns heute?“ - dies war das Thema meines achten Politischen Salons am 06.02.2017 im mit über 100 Gästen gefüllten Korbinianssaal des Kardinal-Döpfner-Hauses auf dem Freisinger Domberg.
Ich habe dazu Professor Dr. Jörg Lauster von der Universität München gewinnen können. Professor Lauster ist Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie an der evangelisch-theologischen Fakultät.
Die christliche Kultur ist der Schlüssel zum Verständnis des Abendlands. Jörg Lauster zeigt in seinem beeindruckenden Buch „Die Verzauberung der Welt – Eine Kulturgeschichte des Christentums“ (Verlag C.H. Beck, 2014), wie sie seit der Antike nicht nur die Künste, sondern auch das Zusammenleben, Wirtschaften und Herrschen vor allem in Europa zutiefst geprägt hat.
Die Debatten, die sich nach dem 11. September 2001 und im Anschluss an Samuel Huntingtons These vom Clash of Civilizations ergeben haben, zeigen, so Lauster, was europäische Intellektuelle bis in die achtziger Jahre hinein für unmöglich gehalten hätten: „Die Frage, wie die Welt im 21. Jahrhundert aussehen wird, ist im Wesentlichen davon bestimmt, welchen Platz die Religionen und damit auch das Christentum in dieser Welt einnehmen werden.“
Es zeuge, so Lauster, von Kleingeist, leere Kirchen als Indiz für den Untergang des Christentums zu nehmen und die fortschreitende Entdogmatisierung und Entinstitutionalisierung mit Entchristlichung zu verwechseln. Denn das Christentum sei weit mehr als die Fülle seiner Erscheinungsformen.
Michael Schrom schreibt in einer Rezension für „Christ in der Gegenwart" sehr treffend: „Lausters Buch ist angelegt wie ein offener Salon: In ihm dürfen alle Platz nehmen, die in irgendeiner Weise mit dem Christentum in Berührung gekommen sind, gleichgültig, ob sie es bekämpft oder sich an ihm abgearbeitet haben, sich von ihm inspirieren ließen oder es produktiv weiterentwickelten. Der Leser trifft beim Gang durch die Geschichte auf Musiker und Architekten, Künstler und Naturwissenschaftler, Fürsten und Bettelmönche, Kaiser und Ketzer, Aufklärer und Eiferer, Strenggläubige und Ungläubige, Mediziner und Philosophen, Muslime und Buddhisten, Agnostiker und Atheisten. (…) In der gebotenen Verdichtung ist Lausters Erzählstil (…) äußerst detailfreudig und anschaulich, mitunter sogar erfrischend humorvoll. Natürlich weiß der Autor, dass „es vollkommen unmöglich ist", die gesamte Zeitspanne und Stofffülle zu überblicken. Er weiß auch, dass es zu jedem einzelnen Kapitel seines Buches „weltweit Heerscharen von Experten gibt" und ein russischer Orthodoxer, eine südafrikanische Anglikanerin oder eine chinesische Presbyterianerin vermutlich eine andere Kulturgeschichte ihrer christlichen Herkunft erzählen würden als ein evangelischer deutscher Theologe. Und doch werden hier geistige Verbindungslinien offengelegt, die weit über eine nationale, ja eurozentrierte Sicht hinausreichen. Es sind geistesgeschichtliche Ereignisse von Weltrang, die dazu führten, dass wir wurden, was wir sind.“
Mein Politischer Salon war daher der richtige Rahmen, um die derzeit in der Gesellschaft bisweilen hitzig geführte Debatte, nach einer abendländisch geprägten Leitkultur fundiert zu vertiefen!
In elf Kapiteln zeichnet Lauster in seinem Buch die Kulturgeschichte des Christentums nach, dabei referiert er stets kompakt den aktuellen Forschungsstand – und zwar so, dass man auch als theologischer Laie mit einem einigermaßen fundiertem historischen Allgemeinwissen sehr gut folgen kann.
Mindestens genauso unterhaltsam wie nachdenklich und lehrreich war sein Vortrag und die anschließende angeregte Diskussion. Es war ein Abend, der noch lange nachwirken wird.